Hintergrund und Ziel des Lehr-/Forschungsprojekts

In Deutschland sind ca. 1,6 Mio. Menschen an Demenz erkrankt. Durch die demographische Entwicklung wird sich diese Zahl in den nächsten 30 Jahren fast verdoppeln. Demenz ist die häufigste Ursache für Pflegebedarf (über 35% bei über 80jährigen). Mehr als 2/3 der Pflegefälle leben in ihren Haushalten und werden ambulant und/oder von Angehörigen versorgt. Dies ist sowohl aus Sicht der Erkrankten wie auch aus einer Kostenperspektive oft der bevorzugte Weg.

Eine digitale Unterstützung von Demenzerkrankten ist unmittelbar sinnvoll und existiert bereits in vielen Formen (z.B. Sensor-Trittmatten). Oft sind Demenzkranke aber überfordert, digitale Hilfsmittel in ihrer jetzigen Form zu bedienen (z.B. Notfall-Knopf), oder sie lehnen diese ab, wenn sie zu offensichtlich sind („Ich komme gut alleine klar!“).

Daher stehen bei diesem Lehr-/Forschungsprojekt digitale Unterstützungssystemen im Fokus, die es Angehörigen und Pflegekräften ermöglichen, sich besser um die Erkrankten kümmern zu können. Dazu zählt auch Unterstützung, die Angehörigen Sicherheit geben, dass des dem/r Erkrankten gut geht („Peace of Mind“). Hierbei wird eher auf „niederschwellige“ Unterstützung fokussiert, unterhalb von akuten Notlagen – beispielsweise Ermöglichung von Kontakt in Unruhephase, Unterstützung bei Tagesplanung, Einkauf, etc. (siehe auch Beispiele weiter unten).

Digitale Technologie soll dabei so wenig wie möglich in Erscheinung treten und möglichst unauffällig im Hintergrund agieren. Themen wie Schutz der Privat-
sphäre und Wahrung der Würde der Erkrankten sind von zentraler Bedeutung.

Quellen zur Demenzstatistik

  1. Deutsche Alzheimer Gesellschaft (2018): Informationsblatt 1 – Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Abgerufen 12.5.2018
  2. Deutsche Alzheimer Gesellschaft (2016): Zahlen zu Häufigkeit, Pflegebedarf und Versorgung Demenzkranker in Deutschland. Abgerufen 12.5.2018

Beispiele für zu konzipierende digitale Produkte

Nachfolgend sind zur Illustration zwei Beispiele (mit stark unterschiedlicher Komplexität) genannt, die möglicherweise als Ergebnis der Praxis-Fallstudie konzipiert werden könnten. Eine priorisierte Liste solcher Unterstützungsprodukte wird im Rahmen der Praxis-Fallstudie zusammen mit den Angehörigen und Pflegekräften entwickelt.

Digitaler Tageszettel zur Unterstützung bei Tagesplanung

Bei Verlust des Kurzzeitgedächtnisses muss ein (an sich selbstständiger) Erkrankter ständig an anstehende Termine (Fußpflege, Arzt, Kirche, Kegelabend, …) erinnert werden. Wohnt ein Angehöriger in der Nähe, wäre ein „Tageszettel“ auf Papier eine gute Lösung. Bei entfernt wohnenden Angehörigen könnte eine einfache E-Paper-Lösung zum Einsatz kommen.

Diesen digitalen Tageszettel kann z.B. ein 2x täglich kommender Pflegedienst ablesen und den Erkrankten auf Termine hinweisen.

Frühwarnung bei Stürzen, Weglaufen oder Unruhe

Intelligente Sensorik wie etwa die Fußleistenbänder von NevisQ (https://www.nevisq.com) könnten mit anderen Raumsensoren sowie einer künstlichen Intelligenz (KI) gekoppelt werden, um ungewöhnliche oder sogar bedrohliche Situationen zu erkennen. Datenschutzanforderungen können dabei von Beginn an in die Konzeption einbezogen werden, etwa durch eine lokale Verarbeitung der Daten ohne Versand in die Cloud.

Je nach Schwere der vermuteten Situation können unterschiedliche Aktionen ausgelöst werden, wie etwa

  1. Bewohner liegt und bewegt sich nicht mehr => Sturzannahme, Pflegedienst oder sogar 110 wird als Notfall benachrichtigt.
  2. Bewohner ist ungewöhnlich ruhelos => Entfernt wohnender Angehöriger wird benachrichtigt und kann den Erkrankten anrufen.

Einbindung von DUAL als Lehr-/Forschungsprojekt in die Informatik-Lehre an der TH Köln

Die Veranstaltungen Anforderumgsmanagement (AM), Fachspezifischer Architekturentwurf (FAE) und Guided Project (GP) im Informatik Master versuchen, aufeinander aufbauende Fallstudien zu bearbeiten, um eine realistische Praxisorientierung zu gewährleisten.

Bei Erfolg von DUAL ist für ausgewählte Produktideen eine Weiterführung über FAE (Architekturkonzept) und GP (prototypische Umsetzung) geplant. Technisch weniger komplexe Produkte könnten auch direkt in einem GP prototypisch umgesetzt werden (siehe Abbildung).

Bei Erfolg kann das Projekt auch noch in den folgenden Semestern in Veranstaltungen des Informatik Master oder Bachelor weitergeführt werden.

Ergebnisse und Neues zum Projekt DUAL

(Zwischen)Ergebnisse zum Projekt DUAL sowie sonstige Neuigkeiten finden Sie jeweils in einzelnen Posts, die nachfolgend (neueste zuerst) aufgeführt sind.