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Im Rahmen der von einem Forschungsteams der TH Köln durchgeführten Umfrage zur DWH/BI-Industrialisierung (→ Umfrageübersicht ) wird unter Anderem untersucht, inwiefern Standardisierung und Automatisierung zu einer effizienten Informationsversorgung der Entscheidungsträger in Unternehmen beitragen können.

DWH/BI-Standardisierung wird hier als das Bemühen um einen Basiskatalog von  Methoden, Prozesse, Werkzeuge, Modelle und Anwendungssoftware verstanden, mit denen eine Grundversorgung der Informationsnutzer gestaltet werden kann.  Best Practices und Pattern werden in dieser Studie werden in diese Rubrik einbezogen.

Ein solcher Basiskatalog erscheint insbesondere dort nützlich, wo von einer hohen Frequenz der Anwendbarkeit des Gegenstandes der Standardisierung auszugehen ist. Kandidaten im DWH/BI-Bereich sind in zahlreichen Feldern von Planung, Entwurf, Implementation  bis zum Betrieb gegeben.

DWH/BI-Automatisierung richtet sich vor allem auf Prozessaufgaben. Neben der Automatisierung des Informationsflusses wird in dieser Studie insbesondere die Automatisierung von Entwicklungs- und Implementationsaufgaben betrachtet. Analog zur Standardisierung ist auch für die Automatisierung eine hohe Wiederholrate eine wesentliche Bedingung für die Wirtschaftlichkeit.

DWH/BI-Entwicklungsmuster, Standards für Terminologie, Schnittstellen und Visualisierung werden von den meisten Teilnehmern an der Studie als relevante oder sehr wichtige Themen der kommenden Jahre angesehen (s. Abb. 1). Die Relevanz von Best Practices, Patterns und Templates betrifft  die Anforderungsermittlung, die Datenbewirtschaftung und BI-Anwendungen relativ gleichmäßig (s. Abb. 2).

 

Bedeutung von DWH/BI-Design Patterns, Standards für Terminologie, Interfaces, Visualisierung

Abb. 1: Bedeutung von DWH/BI-Design Patterns, Standards für Terminologie, Interfaces, Visualisierung

 

Abb. 1: Bedeutung von Standards, Patterns, Templates

Abb. 2: Bedeutung von DWH/BI-Standards, Patterns, Templates

 

Trotzdem wird vielfach darauf hingewiesen, dass sowohl die Breite der BI-Anwenderforderungen und die Vielfalt der Prozesse selbst innerhalb einer Branche wie auch die teilweise ausgeprägte Heterogenität der Vorsysteme in einigen Branchen deren Anwendung entgegenstehen. Teilweise wird  sogar bezweifelt, ob das Setzen von Standards außerhalb des Technologiebereichs, Standardarchitekturen oder Standardlösungen überhaupt sinnvoll sind, da mit einem Standard stets nur ein kleiner Teil der Kundenanforderungen abzudecken sei.

Gewünscht sind Schnittstellenstandards, die zu einer höheren Interoperabilität der BI-Komponenten beitragen. Aber von den DWH/BI-Softwareanbietern wird angesichts drohender Austauschbarkeit, höherer Vergleichbarkeit und damit erhöhtem Preisdruck kein Interesse an einer Standardisierung erwartet. Auch die DWH/BI-Dienstleister befürchten einen mit der Standardisierung einhergehenden Konkurrenzdruck.

Oft wird ein innerhalb der Unternehmen fehlendes gemeinsames Verständnis der fachlichen Begrifflichkeiten beklagt. Konzeptionalisierungen der zentralen Berichtsgegenstände, zum Beispiel Umsatz, sind äußerst selten anzutreffen, was die ohnehin wenig standardisierte Erfassung und Beschreibung von BI-Anforderungen zusätzlich behindert.

Ebenso mangelt es an einheitlichen Vorgaben für die Dokumentation von BI-Implementationen.

Referenzarchitekturen und Referenzdatenmodelle für einzelne Branchen dienen in Teilen als Ausgangspunkt für Neuentwicklungen. Allerdings sind offensichtlich ein Großteil der DWH/BI-Infrastrukturen evolutionär und selten unter Berücksichtigung von Standards entwickelt worden und entfernen sich mit zunehmender Lebensdauer immer weiter von Referenzmodellen.

Der Data Vault-Ansatz mit seinem Repertoire an Entwurfsmustern wird im Hinblick auf die Standardisierung und Automatisierbarkeit überwiegend als Fortschritt gesehen.

 

Bedeutung von BI-Standardlösungen

Abb. 3: Bedeutung von Industrie-spezifischen DWH/BI-Standardlösungen

 

Dazu ist ein separater Beitrag in diesem Blog geplant.

Auch im Reporting sind Standardisierungsbestrebungen erkennbar, wie etwa die Orientierung der Gestaltung nach den Empfehlungen von Hichert.

Die BI-Standardisierung wird entweder als Aufgabe des Enterprise Architecture Managements angesehen und organisatorisch häufig vom BICC vorangetrieben. Allerdings wird die Frage aufgeworfen, ob eine Reglementierung durch das BICC heute angesichts der angestrebten Verschlankung der BI-Prozessentwicklung noch zeitgemäß ist, beziehungsweise, wie diese beiden Richtungen ausgewogen werden können.

Aus der Untersuchung lässt sich die These ableiten, dass die Standardisierung vor allem von den IT-Leitern der Anwenderunternehmen aus solchen Branchen vorangetrieben wird, deren Kernprozesse bereits in hohem Maße standardisiert sind.

Standardisierung im Bereich der Softwarelösungen

Die Befragten glauben nicht, dass durch In-Memory-Computing und Spalten-orientierter Datenhaltung DWH-Infrastrukturen überflüssig werden. Allerdings wird davon ausgegangen, dass die gut standardisierbare Informationsversorgung ohne besondere Datenintegrationsanforderungen stärker als bisher aus der operativen Umgebung heraus erfolgen wird.

StLsg_Berater

Abb. 4: Einschätzung der zukünftigen Bedeutung von DWH/BI-Standardlösungen aus Berater- / Nicht-Beratersicht

 

Nutzeneffekte durch vorkonfigurierte branchenbezogene DWH/BI-Standardsoftware werden sowohl in der Datenbewirtschaftung wie auch für Anwendungen gesehen (s. Abb. 3). Trotzdem ist eine gewisse Unsicherheit bezüglich deren zukünftiger Nutzung nicht zu übersehen. Über 50% der Befragten geben keine klares Votum über die zukünftige Bedeutung von „Pre-Packaged vertical BI-Solutions“ ab. Das gilt unabhängig davon, ob die Befragten sich als Berater zuordnen oder nicht. Allerdings sehen insgesamt die Berater die zukünftige Bedeutung tendenziell deutlich positiver (s. Abb. 4).

Als Ursache, warum BI-Standardlösungen nicht im selben Umfang durchgesetzt haben wie ERP-Lösungen, wird auf die Breite der Anforderungen, der Vielzahl der zu vernetzenden Quell- und Ziel-Systeme sowie auf die hohen Kosten der BI-Standardsystemen hingewiesen. Gerade die im  Banken- und Versicherungsbereich tätigen Befragten führen die hohe Heterogenität der Vorsysteme an. Unternehmen, die Software-Lösungen eines Generalisten wie SAP bevorzugen, profitieren mehr von Standardlösungen im BI-Bereich und nutzen den mitgelieferten Content, zum Beispiel die von SAP mitgelieferten Extraktoren.

 

Automatisierung

Während der Betrieb von DWH-Infrastrukturen in großen Teilen bereits automatisiert ist, gilt dies in nur geringem Maße für die Erstellung der Infrastruktur. Die Befragten weisen neben der notwendigen Standardisierung der Architekturen und Prozesse vor allem auf das Metadaten-Management als Basis der automatisierten Erstellung hin. An erster Stelle wird die Erstellung der ETL-Strecken genannt (s. Abb. 5). Generische Tools von Firmen wie Wherescape oder Attunity sind kaum bei den Teilnehmern im Einsatz. Zum Teil  werden von den Beratungshäusern Tools selbst entwickelt. Die Gefahr von Performanzeinbußen durch automatisch generierte Strecken stehen Vorteile wie zum Beispiel die Wiederverwertbarkeit, die Einhaltung von Standards und die automatisierte Dokumentationen gegenüber.

 

Bedeutung der DWH/BI-Automatisierung

Abb. 5: Bedeutung der DWH/BI-Automatisierung

 

 

Die hier dargestellte Zusammenfassung der Befragung gibt ein nicht-repräsentatives Meinungsbild wieder (s. Umfrageübersicht). Aus ihr werden Tendenzen sowie  Anregungen für nachfolgende Untersuchungen abgeleitet. Die Forschung daran wird weitergeführt und Interessenten und potentielle Interviewpartner sind zur Teilnahme gerne eingeladen. Eine diese Diskussion weiterführende Veröffentlichung ist geplant.

Autor dieses Blogbeitrags: Westenberger, Hartmut

Technische Hochschule Köln, Institut für Informatik

Datum: 19. August 2016